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Christentum Und Islam

Helmut, hast du schon gelesen was Papst Benedikt in seiner Rede wirklich gesagt hat? Auszüge aus der Papst-Rede im Spiegel

Ich hatte schon einen längeren Text geschrieben, der aber beim Speichern verloren gegangen ist. In diesem Moment fiel mir wieder ein Ägypter ein, mit dem ich vor Jahren zusammen gearbeitet habe. Er hatte keine Verbindung mehr zum Islam und äußerte sich über die Religion und ihren Gründer nicht gerade positiv. Doch er sagte ganz klar, gegenüber allen Moslems würde er den Mund halten und heucheln, weil er sein Leben nicht in Gefahr bringen wollte. Und das liegt jetzt schon fast 20 Jahre zurück. Ich habe jetzt nur jemanden zitiert und mich selbst jeder Meinungsäußerung enthalten. Papst Benedikt hat genau das gleiche getan. Habe ich jetzt auch schon den Islam und den Propheten beleidigt? Der einzigste Unterschied ist, was ich sage interessiert niemanden und ich habe den Wortlaut der Äußerung dieses Ägypters nicht zitiert.

Als Khomeni die Macht im Iran übernahm, wollte ich mehr über den Islam wissen und habe im Koran gelesen und mich etwas mit der Geschichte des Islams beschäftigt. In der Sure 9 des Koran wird die Vernichtung der Ungläubigen, die sich nicht zum Islam bekehren wollen, eindeutig und unmißverständlich gefordert. Alle meine Versuche mit Moslems über diese Sure 9 zu diskutieren sind bis heute erfolglos geblieben.

Die Vernichtung der Ungläubigen, die Verbreitung des Glaubens mit Feuer und Schwert ist über lange Zeit christliche Praxis gewesen. Insoweit hätte sich Papst Benedikt vielleicht besser an den alten Grundsatz gehalten: "Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen."

Doch trotz aller scheusslichen Gemeinsamkeiten zwischen Christentum und Islam gibt es einen fundamentalen Unterschied. Das Christentum ist von seinem Gründer Jesus Christus her eine friedliche Religion, die jedoch oft oder meist militant und pervertiert auftrat. Der Islam ist bereits von seinem Gründer militant angelegt und trotzdem hat es Epochen gegeben, in denen der Islam in seiner Toleranz und Friedlichkeit dem Christentum weit überlegen war. In der Summe, in der Realität für die Menschen, die beide Religionen erduldet, erlitten haben war es kein Unterschied. Es gibt nichts was ein Vertreter der einen Religion der anderen vorwerfen könnte, was von seinen Glaubensbrüdern nicht auch zu irgendeiner Zeit praktiziert worden wäre.

Es gibt nur zwei Möglichkeiten, man rechnet weiter gegeneinander auf und setzt das Spiel "Auge um Auge, Zahn um Zahn" fort bis wir alle blind und zahnlos sind oder wir betrachten die Geschichte endlich von einem neutralen Standpunkt, die christliche, genauso wie die islamische. Wir können aus der Geschichte nur lernen, aber es gibt nichts mehr aufzurechnen. Wie habe ich einmal so treffend gelesen: "Das einzig gute an der Geschichte ist, daß sie vorbei ist." -- HansLey 16. September 2006 4:55 CET

Hans, dieses Zitat "Zeig mir doch, was Mohammed Neues gebracht hat, und da wirst du nur Schlechtes und Inhumanes finden" rührt an den Kern des Islam, denn für einen jeden Moslem hat Mohammed vor allem eines gebracht, das von Gott (Allah) gegebene heilige Buch des Koran. Der Gesprächszusammenhang ist sicher unglücklich, der Papst meinte zu einer kleinen akademischen Öffentlichkeit zu sprechen. Aber er müsste wissen, dass jedes seiner Worte global Verbreitung finden kann. Als Diplomat, der er auch ist, war er imho "vom guten Geist verlassen".

Ich denke dass das Verhältnis von Christen zum Islam vor allem von Unwissenheit und Desinteresse bestimmt ist und das wird uns große Probleme bereiten. Nur eine Kleinigkeit: Nur die wenigsten Christen werden wissen, dass mit "Ungläubigen" keinesfalls Christen oder Juden gemeint sind.

Das wesentliche Probleme scheinen mit nicht aus Bibel oder Koran zu kommen, die oft widersprüchlich sind und traditionellen Interpretationen unterliegen. Besorgt macht mich, dass es einen langschwelenden sozialen Konflikt Nord-Süd gibt, der religiöse Energien aufsaugt wie ein Wirbelsturm Wärmeenergie, und wo es jede Menge Scharfmacher gibt, die ein Interesse haben, den Konflikt weiter bis zu Kriegen zu schüren. Ich glaube aber nicht, dass eine globale kriegerische Auseinandersetzung zwischen westlich-industriellem "Christentum" und Islam, mit je ca. 1 Milliarde Menschen, geführt werden kann ohne dass die großer Mehrheit aller Menschen darunter leiden. Trotzdem steuern uns viele öffentliche Proponenten aus rationalem Egoismus oder Dummheit geradewegs in eine solche Konfrontation hinein.

Die friedlichen Menschen sind zwar die überwiegende Mehrheit, sie haben aber weniger Möglichkeiten, ihre Friedlichkeit zu manifestieren, als die radikalen Gruppen ihre Gewaltbereitschaft.

Die Äußerung des Papstes ist, hoffe ich, unabsichtlich erfolgt. Aber es ist klar, dass auch die christlichen Kirchen von einer Konfrontation profitieren würden, weil im Religionskrieg das religiöse Bekenntnis zu einer Frage der Identität und Loyalität wird. Es wäre leicht sich zu entschuldigen und die Äußerung zurückzunehmen. Er wird es aber vermutlich aus Stolz nicht tun.

Es gibt sehr viel, was missverstanden wird. Das "Auge um Auge" ist imho auch in der Bibel und enthält nicht nur das für uns vordergründige brachiale, inhumane Element, sondern auch einen gerechtigkeits-orientierten Ausgleichsgedanken (nicht "wenn du mir auf die Zehen steigst, schlage ich dir den Schädel ein"), der speziell im Islam den Stammesfeden und der ausufernden Blutrache entgegengerichtet war. Es gibt viele Stellen im Islam, die den friedlichen Ausgleich rühmen. Mohammed selbst hat seinen ersten Nymbus durch das Schlichten eines schwierigen, kriegerischen Konflikts von Stämmen um Medina erlangt.

Die ungeheuer rasche Errichtung eines Weltreiches (von Syrien, Irak bis quer über Nordafrika und Spanien in wenigen Jahrzehnte) ist nicht nur durch "das Schwert" zu erklären, sondern auch durch die angebotene einfachere, schlankere Fremdherrschaft (statt Ägyptern oder Byzantinern) mit besseren Lebenschancen und geringeren Steuern. Die Medaille hat zwei Seiten.

Ich denke, dass diese Thema ungeheuer vielschichtig ist. Du erwähnst ja selbst, dass sowohl Christentum als auch Islam durch Phasen großer Toleranz und umgekehrt auch großer Intoleranz gegangen sind - Phasen, die sich nicht aus gleichbleibenden heiligen Schriften begründen lassen. Es scheint mir deshalb notwendig, sich Zeit zu nehmen, schnelle Schlussfolgerungen und Urteile zu vermeiden, ganz besonders, wenn sie die eigene Weltanschauung und Religion über die fremde Weltanschauung und Religion stellen (was sich ohnehin fast automatisch ergibt und erwartbar ist).

Die entschiedende Frage scheint mir zu sein: Wie können wir friedlich zusammen leben, uns auch in unseren religiösen Haltungen verstehen und Kriegstreibern die Chancen nehmen? -- HelmutLeitner 16. September 2006 9:32 CET

Was hat sich der Papst dabei gedacht? Waren er und seine Berater sich über die Konsequenzen im klaren, denn diese Vorlesung war wohl kaum eine nicht abgestimmte Soloaktion des Papstes. Oder wollte man provozieren? Es gibt im westlichen Lager einflussreiche Gruppen, die eine Eskalation der Konfrontation zwischen der islamischen Welt und der "christlich", kapitalistischen Welt betreiben. Genauso gibt es solche Leute im islamischen Lager. Beide Seiten bringen sich jetzt in Stellungen für den großen Krieg, den sie für unausweichlich halten. Religion spielt dabei in Wirklichkeit auf beiden Seiten überhaupt keine Rolle, sondern die Religionen und deren Gegensätze werden nur benutzt um die Massen zu manipulieren und zu mobilisieren. Ich habe die Feststellung gemacht, wenn man mit den Menschen, auch mit gläubigen Moslems diskutiert,kann man ihnen schon begreiflich machen, daß sie und ihre religiösen Überzeugungen und Gefühle nur benutzt werden, damit kleine Gruppen ihre eigenen Interessen auf Kosten aller anderen durchsetzen können. Es kommt darauf an, die Mechanismen, die Intrigen und Provokationen, die von den Kriegstreibern benutzt werden, offen zu legen. War die Papstrede vielleicht eine eiskalt geplante Provokation? -- HansLey 16. September 2006 14:53 CET

Hans, das kann ich mir mir nicht vorstellen. Aber es ändern nicht viel, wenn er jetzt, in der Reaktion, nicht die richtigen Worte der Entschuldigung findet. Er könnte sich z. B. herauswinden, indem er sich auf den islamischen Glauben beruft, dass der Koran nichts von Gott zum Anlass verfasstes, sondern etwas ewiges ist, dass somit nicht gemeint sein konnte, wenn er von "in die Welt gebrachtem Neuem" sprach. Das könnte man als indirekte Anerkennung des Koran als Offenbarung werten und zumindest emotional respektieren.

Tatsächlich steht der Koran ja weitgehend in der Tradition des Judentums und Christentums und er würde als Prophetenbuch in der Bibel nicht besonders herausstechen. Der Koran anerkennt Jesus als "sündenfrei", was Mohammed weder für sich noch sonst jemand in Anspruch nimmt, und der Koran spricht - im Gegensatz zur Bibel - ausdrücklich von der jungfräulichen Geburt Jesu. Es gäbe also einige Möglichkeiten, sich die Hand zu reichen, wenn man nur wollte. -- HelmutLeitner 16. September 2006 15:27 CET

Helmut, ich will es auch nicht glauben, aber es fällt mir auch sehr schwer zu glauben, daß so etwas bei einem so intelligenten und rationalen Menschen, wie Ratzinger einfach so - passiert ist. Das es starke Kräfte gibt, welche die Konfrontation suchen und einen Krieg wollen, steht wohl außer Zweifel. Es gibt genug Menschen, die sich in dieser Richtung eindeutig geoutet haben. Möglichkeiten sich die Hand zu reichen und einen wirklichen Dialog zu suchen gibt es genug, wenn man (wer eigentlich?) nur wollte. Unabhängig davon welche persönliche Einstellung jemand als "Christ" zum Islam hat, ob man z.B. den Koran als eine weitere Offenbarung Gottes ansieht oder nicht, es ist nicht möglich mehr als 1 Milliarde Menschen in eine Aussenseiterrolle zu drängen. Niemand muß sich verbiegen und etwas heucheln, um niemand anderem auf die Füße zu treten, aber man muß auch nicht alles sagen was man glaubt oder denkt. -- HansLey 16. September 2006 20:40 CET

Die komplette Vorlesung Nachdem ich die ganze Rede gelesen habe, glaube ich zu verstehen, was geschehen ist. Der Papst war bei der Vorbereitung dieser Vorlesung wieder Professor Ratzinger und hat nicht berücksichtigt, daß er mittlerweile Papst ist. Wofür er seine Berater hat, bleibt dann aber immer noch zweifelhaft. -- HansLey 17. September 2006 4:05 CET

Wir sollten uns nicht an diesem aktuellen Ereignis festbeißen. Es wird hoffentlich keine dauerhaft negativen Auswirkungen haben. Wie nehmen die Menschen in Südamerika diese Konflikt war? Gibt es moslemische Minderheiten und wie treten sie auf? Ist das ein Thema? -- HelmutLeitner 17. September 2006 9:25 CET

Es gibt Moslems in den Küstenstädten, wie z.B. in Barranquilla. Die bekannte Sängerin Shakira ist z.B. türkischer Abstammung. Im allgemeinen sind die Menschen hier kaum an irgend etwas interessiert was außerhalb von Kolumbien passiert. Diskussionen über politische Themen gibt es kaum. In vielen Dingen, besonders in der Oberschicht sind die Verhältnisse ähnlich wie in den USA. Beliebte Diskussionsthemen sind Seifenopern, Reality-Shows, Gesangs- und Tanzwettbewerbe und natürlich der allgemeine Klatsch. Zum Thema Vatikan, ich höre hier recht häufig die Meinung, auch von "guten Katholiken" der Vatikan sei von Freimaurern unterwandert. -- HansLey 17. September 2006 15:04 CET

Krieg der Religionen

 
© SinnWiki Community zuletzt geändert am September 20, 2006