BücherleiWiki

Markus Kolbeck

Leipziger Bibliomane, der als Krankenpfleger in einer Städtischen Klinik arbeitet und seine Freizeit den Büchern widmet; zum einen, um sie zu lesen, zum anderen, um seine Bücherliebe virtuell aufzubereiten und sich mit anderen Netizens darüber auszutauschen. Mehr über mich findet sich im Profil zu meiner Person und in diversen Fragebögen


Aktivitäten im Internet

Befreundete Netizens


Einige meiner Lieblingsfilme:


Mitten ins Herz

Beim Lesen stolpert man mitunter auf Stellen, bei denen man mit der Faust auf den Tisch haut: Genau so geht es mir! Das könnte ich so nie und schon gar nicht besser ausdrücken! Neuralgische Punkte des eigenen Bewußtseins oder geistigen Daseins werden, tja, auf den Punkt gebracht. Solche verblüffende Treffer und Übereinstimmungen mit eigenen Befindlichkeiten gilt es zu markieren:

[1] Und soll ich euch sagen, warum? Weil ich seelisch krank bin, das sieht man mir nur nicht an. Weil ich, seit ich mich erinnern kann, nichts anderes tue, als seelische Gesundheit zu simulieren, jeden Augenblick; und darauf verschwende ich meine ganzen Kräfte (restlos alle), die geistigen, die physischen und alle sonstigen. Daher kommt es, daß ich langweilig bin. Alles, worüber ihr redet, alles, was euch täglich beschäftigt, ist mir unendlich fremd. Ja, und darüber, was mich beschäftigt, darüber werde ich nie und niemanden ein einziges Wort sagen. Vielleicht aus Angst, für verrückt erklärt zu werden, vielleicht aus sonst einem Grund, jedenfalls - kein Wort. (Wenedikt Jerofejew: Die Reise nach Petuschki)

[2] Im Grunde habe ich mein Leben vertan und damit auch den Humor. Und jetzt, wo ich eigentlich alles verloren habe und im abgewetzten Jackett eines heruntergekommenen Philosophen rumlaufe, kann ich's ja sagen: Es gibt einfach nichts Besseres als das Leben. Humor ist Leben. Humor ist ein Zustand. Humor hat überhaupt nichts mit Witzen zu tun. Humor ist das Aufleuchten in den Augen, die Verliebtheit in den Gesprächspartner und die Bereitschaft, so lange zu lachen, bis einem die Tränen aus den Augen schießen. (...) Humor hilft uns zu überleben. Er bringt uns einander näher. Ein guter Witz ist wie eine Bescherung. Man sollte auch humoristische Autoren nicht unterschätzen. Für einen einzigen Satz von Ilf und Petrow, wie etwa "Die Hunde kletterten mit der Wendigkeit von Bootsmännern hinaus", würde ich die ganze Seite einer griechischen Tragödie hergeben, wo sich die Helden mit unglaublicher Leidenschaft in die Brust werfen. Ein Meer von Tränen, in dem vier alte Weiber ertrinken, wiegt leichter als eine Lachsalve, die einen Schuß Wahrheit auslöst. (Michael Schwanetzkij: Wir brauchen Helden!)

[3] Alle Reibungen unter den Menschen sollen durch Mißverständnisse entstehen, eine Theorie, an die ich felsenfest glaube, da ich die Welt selbst für ein Mißverständnis halte. (Albert Vigoleis Thelen: Die Insel des zweiten Gesichts, S. 125)

[4] Die Terminpläne des Lebens müssten einen Moment pro Tag vorsehen, an dem man sein Los beklagen kann. Einen genau festgelegten, einen ausschließlich dafür reservierten Moment. Einen Moment, der nicht mit Arbeit, nicht mit Essen, nicht mit Verdauung besetzt ist, einen vollkommen freien Moment, einen leeren Zeitabschnitt, in dem man unbehelligt das Ausmaß der Katastrophe erwägen kann. Dieses Ausmaß vor Augen, verbrächte man den Tag besser, ohne Illusionen und mit einem klar abgesteckten Horizont. Wenn wir dagegen unser Unglück zwischen zwei Gabeln bedenken, während der Blick vom Ende der Mittagspause verstellt ist, so täuschen wir uns, schätzen die Lage falsch ein, meinen, übler dran zu sein, als wir es sind. Und manchmal gar halten wir uns für glücklich! (Daniel Pennac: Paradies der Ungeheuer)

[5] Plötzlich überfällt mich die nackte Verzweiflung über die Ohnmacht des Geistes. Daß ein Mensch überhaupt sein Leben lang glaubt und hofft und liebt und daß nichts dabei herauskommt als Parteigezänk, als Kriege, als Ausbeutung der Schwachen, als Haß... (Luise Rinser: Kriegsspielzeug. Tagebuch 1972-1978, S. 131)


OrdnerTeilnehmer
 
© Markus Kolbeck zuletzt geändert am April 7, 2005